Ukraine-Kanada: Der übersehene Kriegs-Interessent?

16. Februar 2015
Gibt es hinter der Ukraine-Krise noch eine Nation, die an einer Hebelfunktion der Ukraine in einen strategisch gewollten und dauerhaft angelegten Konfliktherd gegenüber Russland ein Interesse haben könnte? Eine Nation, die hinter dem offensichtlichen und oft beschriebenen "Kriegstreiber USA", sich gewissermaßen vornehm zurückhält, aber durchaus mehr öffentliche Beachtung verdient hätte? Die Frage geht in Richtung Kanada!
Von Wilfried Michalski
Kanada hat eigentlich spätestens seit Anfang Mai 2014 etwas mehr Aufmerksamkeit verdient, wenn man nämlich den Ort beachtet an dem der oberste NATO-Befehlshaber Philip Breedlove am 6.Mai 2014 seine Erwägungen verkündete in Osteuropa eine dauerhafte Truppenpräsenz einzurichten. Der Ort der 'Erwägungs-Verkündigung' war Ottawa! Das könnte man für einen Zufall halten. Aber wahrscheinlich liegt man richtiger damit, dass das eben kein Zufall, sondern eher ein dicker Fingerzeig darauf ist, dass in Ottawa und damit im Regierungssitz Kanadas ein innerer Interessen-Zusammenhang mit der dauerhaften NATO-Präsenz in Osteuropa und der damit einhergehenden Absicht Russland in die Schranken zu weisen besteht!
Kanada ist, ebenso wie Russland, ein sehr großer Flächenstaat und sehr rohstoffreich. Es liefert unter anderem Uran und Öl aus Teersand und dürfte insgesamt ein ausgeprägtes Interesse an erhöhten Förderquoten haben! Das hat Kanada auch schon gegenüber den europäischen Verbündeten (insbesondere Deutschland) signalisiert.
Weiterhin, und das ist durchaus einer intensiveren öffentlichen Beachtung wert, bereitet sich Kanada strategisch auf die Ausbeutung der nördlichen Meere vor, die nun 'vom Eise befreit' locken, auch den arktischen Meeresgrund der Rohstoffausbeute zu unterwerfen. Es reicht ein Blick auf den Globus um zu sehen, wer der nächste Anrainer da oben im 'Eismeer' ist. Das ist Russland!
Kann man also von der Hand weisen, dass Kanada zumindest ein ausgeprägtes Interesse daran haben könnte, das ebenfalls Ansprüche auf die im Nordmeer lagernden Bodenschätze geltend machende Russland strategisch 'von des Ackers Ernte' wegzubugsieren? Die Antwort dürfte sich ziemlich eindeutig ergeben, wenn man in langfristig angelegten Strategie-Konzeptionen Eins und Eins zusammenzählen kann. Denn schon seit einigen Jahren kann man sich ausrechnen, dass in Richtung der Bodenschätze im Nordmeer der nächste große Konfliktherd in der Struktur diverser Eroberungs- und Machtansprüche angelegt ist.*
Und vor diesem Hintergrund und seinen strategischen Konfigurationen könnte es also sehr angeraten sein, die Ereignisse im Ukraine-Konflikt auszuleuchten – und dabei durchaus etwas 'um die Ecke' zu denken. Dann könnte man nämlich ins eigentliche Zentrum der Sache vorstoßen. Denn was zur Zeit in der Ukraine – und damit in Europa – passiert, geschieht nicht ohne massive westliche Interessen! Vor allem sind es keine 'ungeschickte Diplomatie' oder irgendwelche 'Versäumnisse', die dazu geführt haben, dass das Westliche Bündnis über das Entweder-Oder-Assoziierungsabkommen (inkl. NATO-Beitritt) mit der Ukraine für 'Unruhe in Moskau' und den folgenden gegenläufigen Aktivitäten Russlands gesorgt hat. Die 'Unruhe' ist nicht das unglückliche Beiwerk sondern das unbedingte und innere Ziel der Unternehmung! Das Ergebnis mitsamt Bürgerkrieg ist also ausdrücklich nicht, wie uns allenthalben untergejubelt werden soll, die bedauerliche Folge der an und für sich guten und 'freiheitlichen' Bestrebungen des 'freien Westens'.
Die Ukraine ist die herbeimanövrierte Konfliktzone, die es erlaubt Russland an der Stelle einzubinden und festzunageln, an der der Westen (maßgeblich in seinem transatlantischem Dreieck USA, Kanada, England), es gewissermaßen beschäftigt haben will. Und im Windschatten der so interessengeleitet und absichtsvoll installierten Dauerkonfliktzone Ukraine begibt man sich dann an die eigentlich anvisierten Pfründe 'westlicher Interessen' (Die in dem Fall so weit 'westlich' sind, dass sie auch militärische Konflikte in Mittel-und Osteuropa durchaus mit einrechnen).
Ein Krieg in Mittel-und Osteuropa ist für den Westen (USA-Kanada-England) nicht unbedingt schlecht. Denn jeder Krieg braucht Waffen und Energie-Lieferanten! Und ist er irgendwann gewonnen oder verloren – und spätestens dann werden die beteiligten Sieger oder Verlierer so oder so, über 'Kriegskostenbeteiligungen' zur Kasse gebeten. Aber auch wenn es gelingen sollte den Konflikt noch einmal einzufangen – das Ziel, Mitteleuropa langfristig und festgezurrt in die transatlantischen Energie-Struktur und Versorgungsinteressen, mitsamt militärischer Flankierung einzubinden, dürfte weitgehend erreicht sein!
Wo wird nicht schon mit schöner optischer Untermalung der Assistenz-Presse dargestellt, dass von Nordamerika aus Riesentanker den Atlantik queren um Europa mit (Fracking-) Gas zu beliefern. Just in der Phase, in der in Amerika die Fracking-Blase platzt, wird in Europa ein neuer Abnehmer konfiguriert. Der muss zwar noch neue Terminals bauen, aber das wird man schon hinkriegen – mit den richtigen Investoren. Und falls (Mittel-) Europa je sagen sollte, dass es sich strategisch und auch völkerverständigend mit Russland geeinigt habe – und der Tatsachenverlauf der letzten Jahrzehnte gezeigt habe, dass, selbst durch Krisen die Energie-Versorgung von russischer Seite nie beeinträchtigt gewesen sei, ja dann wird auch bezahlt. Für entgangene Profite! (TTIP grüßt aus dem Strategie-Off)
Man sollte also gerade in diesen Tagen, da von allen möglichen und eher unmöglichen Seiten „Optionen auf den Tisch“ kommen, die Option der erweiterten Hintergrundbeleuchtung nicht vernachlässigen. Das könnte, insbesondere im Zusammenhang mit der Rolle Kanadas, mehr als angeraten sein. Zumal Kanzlerin Merkel in den Vorgesprächen zu Minsk II, nach dem Besuch bei Obama gleich nach Kanada gereist ist. Das wäre wohl nicht geschehen, wenn Kanada in der Ukraine nicht mit ausgeprägten Eigeninteressen involviert wäre!

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