Sanktionen: Der Lohn für strategische Menschenopfer?

 13. Februar 2015
Gestern, am Tag der Friedensvereinbarungen von Minsk, gab es zwei Nachrichten, die zwar äußerlich nicht miteinander in Verbindung stehen, aber inhaltlich unbedingt zusammen gesehen werden sollten. Der Focus berichtete von einer Initiative Hollands, in der gefordert wurde, dass es im Zuge der Verhandlungen in Minsk keine Amnestie für die Täter von MH17 geben solle.
Von Wilfried Michalski
So heißt es dort: "Zur Zeit kennen wir die genauen Fakten noch nicht, aber für die Niederlande bleibt es Priorität, dass die Täter verfolgt und bestraft werden müssen." Das niederländische Parlament forderte die sofortige Klärung und eine Garantie, dass die strafrechtlichen Ermittlungen ungehindert fortgesetzt werden." Wer wollte eine solche Forderung nicht für absolut berechtigt halten? Wer wollte nicht "dass die Täter verfolgt und bestraft werden müssen".
Doch wem bleibt nicht bei dieser Forderung der fade Beigeschmack, dass man sich beim "Täter verfolgen" in etwa so benimmt, wie in dem Witz, in dem jemand im Schein einer Laterne seinen verlorenen Schlüssel sucht und angesprochen, ob er ihn denn hier verloren hätte, antwortet: Nein, verloren habe er ihn da hinten. Aber da sei es zu dunkel zum Suchen!
Nach allem, was derzeit an Fakten zu MH17 geboten wird, muss man darauf schließen, dass eine "Klärung" zwar lautstark "gefordert", aber nicht tatsächlich angestrebt wird. Denn sonst lägen die Fakten auf dem Tisch und in Folge derer keine Sanktionen gegen Russland! Das muss in aller Eindeutigkeit festgestellt sein: Alle Sanktionen im Zusammenhang mit MH17 sind bisher durch keine wirkliche Beweislage gestützt! Reichen also für gravierendste Maßnahmen der EU gegenüber Russland bloße Verdachtsmomente? Wo bleibt da der mindestmögliche Rechtsanspruch "Im Zweifel für den Angeklagten"? Vor allem, was wird mit einem solchen Vorgehen begünstigt?
Oder legt der Umstand, dass  die Sanktionen gegen Russland immer noch aufrechterhalten werden, den in der Logik unvermeidlichen Umkehrschluss nicht nahe, dass der 'Absturz' (neutrale Formulierung) von MH17 ein 'strategisches Funktions-Ereignis' war? Wenn es das nicht war, wenn man auch nur den leisesten Verdacht ausräumen wollte, dass es, wem auch immer, gelingen könnte, eine zivile Katastrophe als 'Hebel-Ereignis' einzusetzen, dann müssten die Sanktionen gegen Russland SOFORT beendet, oder zumindest bis zur "Klärung" ausgesetzt werden!
Kommt es nicht zu einer umgehenden Beendigung der Sanktionen, so ergeht ein fatales Signal an alle diejenigen, die vor dem strategischen Einsatz ziviler Katastrophen zur Lenkung politischer Maßnahmen nicht zurückschrecken! Das sollte niemand unterschätzen. Diese Nachricht wird mancherorts besser verstanden als uns allen lieb sein dürfte: Es FUNKTIONIERT! Man kann mit zivilen Katastrophen die Ereignisfolge der Politik bestimmend prägen!
Man kann ganze Staatengemeinschaften lenken und dahin bringen, sich in Kombattantenschaft zu den eigenen Absichten zu begeben!  Im Verbund mit einer Presse, die sich gleich in Manier von 'Wort-, Begriffs- und Bildhyänen' auf den ausgemachten Feind stürzt, funktioniert das ganz besonders gut. Als signifikantes Beispiel sei nur der SPIEGEL-Titel "Stoppt Putin Jetzt" genannt.
Das holländische Eingeständnis "Zur Zeit kennen wir die genauen Fakten noch nicht", sollte zumindest dazu führen, dass die bloße Möglichkeit, dass MH17 in strategischer Absicht herbeiereignist wurde, eine in der Analyse unvermeidliche Verdachtsoption wird! Und das im öffentlichen Diskurs! Wenn nicht die Sanktionen die im Kontext von MH17 verhängt wurden sofort aufgehoben werden, steht der Vorwurf der 'strategischen Menschenopfer' im Raum – und ins gerne hochgehaltene 'Europäische Haus'.
Leider ist man in dem 'Haus' offensichtlich weit von jeder wirklichkeitsnahen Politik entfernt – um nicht zu sagen, von allen guten Geistern verlassen! Oder was soll man davon halten, wenn gerade gestern, also an dem Tag, an dem man wenigstens ansatzweise ein Quäntchen Friedenshoffnung hegen durfte, von "weiteren Sanktionen" und "Strafmaßnahmen" gegen Russland die Rede war?! Was ist das für eine Politik, wenn in einer Situation, in der man in zaghaftesten Begründungen annehmen darf, dem Europäischen Großkonflikt, inklusive realer Kriegs-Möglichkeit, durch Verhandlungen gerade noch von der Schippe gesprungen zu sein, dass ausgerechnet da von weiteren „Strafmaßnahmen“ gesprochen wird, wenn auf russischer Seite nicht den EU-Erwartungen gefolgt werden sollte?
Was ist da los? Was rauchen die da? Es steht zu fürchten, dass die nicht einmal was 'rauchen'. Die sind so! Die sind so dumm-dreist! So hingabewillig an die transatlantischen Vorgaben, dass über den Hebel Ukraine der Konflikt mit Russland unbedingt gefahren werden muss, dass sie hier das Boot wieder mit Wasser voll schütten, das sie eben erst in Minsk mühsam über 17 Stunden 'ausgelöffelt' haben. Wer könnte es der russischen Seite verübeln, wenn sie angesichts dieser gespaltenen Zungen schlichtweg mal die Schnauze voll hat?!?

_________________________________________________________________________________

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen