Klartext aus Amerika: Für uns in den Krieg, oder Krieg mit uns!

Es gibt sie. Die polit-strategisch ganz eindeutigen Reden. Reden, die ohne diplomatische Umschreibungen direkt ins Zentrum der Sache gehen. Eine solche Rede wurde vom Stratfor-Vorsitzenden George Friedman vor "The Chicago Council on Global Affairs" am 4. Februar 2015 gehalten. Es ist vielleicht ein Meilenstein in der Geschichte der öffentlichen Behandlung globaler Beziehungen, was von Herrn Friedman dort auf offener Bühne unverblümt über die Stabilisierung des amerikanischen Imperiums durch gezielte Destabilisierung anderswo gesagt wird.
Von Wilfried Michalski
Das mag prinzipiell im politischen Konstrukt nicht einmal neu sein, doch wenn man es, wie bei Friedman, in einem psychologisch bemerkenswerten Gemisch aus Süffisanz und Ultra-Brutalität, hört, dann hat das schon eine besondere Qualität. Ganz besonders für die europäischen Belange, mit Schwerpunkt Deutschland-Russland, sollte von größter Bedeutung sein, was in 'globaler Betrachtung' von Friedman von der Bühne des "Chicago Council on Global Affairs" dargestellt wird: Die gezielte Keileintreibung seit über Einhundert Jahren, damit es nicht zu einer Verbindung von Russland und Deutschland kommt!
Dieser 'Keil' und seine mit allen Mitteln und Tricks, mitsamt False-Flag, eingesetzte Hebel-Wirkung (im Ersten Weltkrieg direkt gesetzt und Zweiten Weltkrieg aus den Folgen des Ersten geschickt genutzt) sind zwar hinter den Vorhängen der Geschichte bekannt. Aber wenn er nun von der Bühne des "Chicago Council on Global Affairs" als innerstes Strategie-Ziel der USA offen dargestellt wird, besteht doch Hoffnung, dass das nicht mehr als krude Theorie irgendwelcher 'Geschichtsfälscher' behandelt wird – und endlich die historische und heute faktische Beachtung erhält, die es aus deutschem Eigeninteresse erhalten sollte.
Denn der 'Keil' ist immer noch von amerikanischer Seite das Zentrum der Politik gegenüber Deutschland und Russland! Eine tiefere Assoziation von Deutschland und Russland widerspricht jedem Kern amerikanischer Interessen. Das sowohl im ökonomisch-strategischen Bereich, als auch – und das ist wichtiger als mancher bedenken mag – im kulturellen Bereich. Denn dort sind gewissermaßen 'Vital-Kräfte' vorhanden, die dem angelsächsischen Verbund (Nordamerika, England) schlichtweg fehlen. Da ist man transatlantisch mental ganz anders 'gestrickt'. Es wird dort also – durchaus zu Recht – befürchtet, dass eine Allianz von Deutschland und Russland kulturell-geistige Kräfte befördern könnte, die bis in Wissenschaft und Technik hinein wirksam werden könnten – und eine anders begründete Kultur hervorbringen könnte als das "amerikanische Jahrhundert".
Dann wäre das amerikanische Imperium, trotz aller waffenstarrenden Potenz nach außen, im Innern, in der geistig-kulturellen Potenz, in die Nachrangigkeit verwiesen. Eine solche innere Schwäche der USA ist heute schon an vielen Faktoren ablesbar und der innere Niedergang kann auch kaum den Amerikanern selbst verborgen bleiben. Auch vor diesem Hintergrund ist der Versuch über militärische Hegemonialgewalt und monetäre Vasallenschaft die eigene Substanz retten zu wollen, für den 'Rest der Welt' buchstäblich brandgefährlich!
Wie brandgefährlich die Situation sich über die Ukraine-Krise derzeit zuspitzt, benennt George Friedman in unverklausulierter Eindeutigkeit: "Für die Russen ist die entscheidende Frage, dass die Ukraine ein neutrales Land wird, kein prowestliches. Nun, wer mir eine Antwort darauf geben kann, was die Deutschen in dieser Situation tun werden, der kann mir auch sagen, wie die nächsten zwanzig Jahre der Geschichte aussehen werden. Aber unglücklicherweise müssen die Deutschen immer wieder eine Entscheidung treffen. Und das ist das ewige Problem Deutschlands. Deutschland ist wirtschaftlich sehr mächtig, aber gleichzeitig geopolitisch sehr zerbrechlich, und sie wissen niemals wie und wo sie ihre Exporte verkaufen können. Seit 1871 – das war immer 'die deutsche Frage'. Und die Frage Europas. Denken Sie über die 'deutsche Frage' nach, welche jetzt wieder mal aufkommt. Das ist die nächste Frage, die wir stellen müssen, was wir aber nicht tun, weil wir nicht wissen, was die Deutschen tun werden!" 
Lässt das eine andere Interpretation zu als: Die Folgen der 'deutschen Frage' sind seit 1871 bekannt: Zwei Kriege! Seit 1871 ist faktisch in der Welt, dass Deutschland "wirtschaftlich sehr mächtig, aber gleichzeitig geopolitisch sehr zerbrechlich" ist. Und was ist die 'Quintessenz', die 'innere Nachricht' an die deutsche Adresse, die dort von den Brettern des "Council" angesagt wird? Was ist Klartext – kurz und bündig? Wenn Deutschland sich in der Ukraine-Krise nicht voll und verlässlich auf der amerikanischen Seite einfindet, weil es sich "unglücklicherweise" anders entschieden hat, wird man es noch in zwanzig Jahren (und durchaus darüber hinaus) an Deutschland ablesen können, was es dafür zu bezahlen hatte: Krieg! Den 'Dritten'!..!!
Oder lässt das Video andere Interpretationen zu? Gibt es da Spielräume, wenn es gleich zu Beginn des Vortrags von Herrn Friedman heißt: "Europa wird, wie ich vermute, zwar nicht zu den großen Kriegen zurückkehren, aber es wird wieder zum menschlichen Normalfall zurückkehren: es wird ihre Kriege haben, ihre Friedenszeiten, und es wird ihre Leben verlieren."
Es wird viel Energie und  Kraft nötig sein gegen diese amerikanischen Absichten mit Deutschland und Europa, inklusive Ukraine und Russland, anzustehen. Ein 'Gutes' hat der Vortrag von George Friedman: Es kann niemand, auch nicht in den Think-Tanks und den Medien sagen, dass er über die Absichten Amerikas unaufgeklärt gewesen sei!

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